Antrag für eine generationengerechte Stadt im Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen

Der Rat möge beschließen:

Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Entwicklung ihrer Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Lebenssituation und der Daseinsvorsorge älterer Bewohnerinnen und Bewohner und der Menschen mit Behinderungen unserer Stadt die nachstehenden Aspekte zu berücksichtigen beziehungsweise in ihre Prüfungen einzubeziehen und den für ihre Umsetzung erforderlichen finanziellen Aufwand zu beziffern. Hierbei ist auch auf die Lebenssituation älterer Menschen mit Migrationsvorgeschichte einzugehen. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen sind mit der Kommunalen Seniorenvertretung und dem Integrationsrat zu erörtern.

1. Soziale Teilhabe im Stadtteil sichern
Soziale Isolation und Vereinsamung gefährden ein selbst bestimmtes Leben im Alter und kann dazu führen, dass das eigenständige Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist. Ein rechtzeitiger Zugang zu stadtteilorientierten Angeboten der Begegnung und gemeinsamer Freizeitgestaltung muss daher hergestellt werden.
Die Stadt Münster fördert Begegnungsstätten der „Alten- und Behindertenhilfe“ jährlich mit ca. 240.000 €. Die Verwaltung sollte prüfen, ob alle Stadtteile und größeren Quartiere über Begegnungsstätten verfügen und wie die inhaltlichen Angebote dort zeitgemäß ausgebaut werden können. Hierbei ist ein besonderes Augenmerk auf kostenfreie oder kostengünstige Angebote zu richten. Perspektivisch sollten auch bezuschusste Vereinsräume der Behindertenhilfe oder der Migrantenselbsthilfeorganisationen zu quartiersoffenen Begegnungsstätten - möglichst in einem dialogischen Prozess - weiter entwickelt werden. Die Bürger- und Stadtteilhäuser sind in die Überlegungen einzubeziehen.

2. Gemeinsam statt einsam Mahlzeiten einnehmen
In einigen Begegnungsstätten, Tagestätten etc. werden Mahlzeiten zu kostengünstigen Preisen für Seniorinnen und Senioren angeboten. Ein gemeinsames Essen ist oft der Ausgangspunkt für neue Kontakte und gemeinsame Aktivitäten. Die Verwaltung sollte eine Übersicht über die bisherigen Angebote herstellen, einen zielgerichteten Ausbau initiieren und die Möglichkeiten der vergünstigten Inanspruchnahme, z.B. im Rahmen des Münster-Passes, für einkommensschwache Besucherinnen und Besucher prüfen.

3. Bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe unterstützen
- Möglichkeiten des Bundesfreiwilligendienstes nutzen
Die Verwaltung sollte auch Möglichkeiten der Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und der Selbsthilfe prüfen und zwar einerseits das Engagement der älteren Menschen und das Engagement für die Seniorinnen und Senioren. Bestehende Angebote sind hierbei vorrangig einzubinden.
Der Bundesfreiwilligendienst entwickelt sich zu einer Erfolgsgeschichte. Die Verwaltung prüft, ob mit diesem generationenübergreifendem Dienst Angebote der Teilhabe in den Stadtteilen ermöglicht, ausgebaut und unterstützt werden können. Ehrenamtliches Engagement kann so initiiert, verstetigt und gestärkt werden.

4. Bewegung fördern; Gesundheit stärken
Die demographische Entwicklung erfordert auch eine Überprüfung der Angebote der Sportvereine, die von jeher generationenübergreifende Funktionen wahrnehmen. Die Verwaltung sollte zunächst eine Übersicht über die Angebote für Seniorinnen und Senioren erstellen und mit den Vereinen und dem Stadtsportbund Möglichkeiten eines Ausbaues dieser Angebote prüfen. Die Potenziale der Hochschulen und ihrer Studierenden sollten eruiert werden, um neue quartiersnahe Angebote und Zugänge zu älteren Menschen zu erschließen. Die städtische Sportförderung sollte auch von Sport-Angeboten für Seniorinnen und Senioren abhängig sein.

5. Mobilität und Teilhabe stadtweit ausbauen
Die Angebote des Münsterpasses sollten stärker auch die Belange älterer Menschen berücksichtigen. Das 60+ Ticket der Stadtwerke  Münster muss für Leistungsberechtigte ab 60 Jahren vergünstigt werden; vergleichbar den Angeboten für Kinder und Jugendliche. Benötigt werden auch Vergünstigungen für eine verbesserte Teilhabe von älteren Menschen mit geringem Einkommen. Besonders nachgefragt sind kulturelle aber auch musikalische Veranstaltungen.

6. Wohnen für Ältere in allen Stadtteilen ermöglichen
Die Expertise des Institutes für Soziologie gibt besorgniserregende Hinweise darauf, dass einkommensschwachen älteren Menschen das Wohnen aus Kostengründen in der Innenstadt erschwert wird. Die CDU will das nicht akzeptieren und fordert bezahlbaren Wohnraum auch in der Innenstadt. Preiswerter Wohnraum muss erhalten und neuer Wohnraum gegebenenfalls öffentlich gefördert werden. Die in den nächsten Jahren freiwerdenden Wohnungen, Häuser und Kasernen der britischen Armee (Konversionsflächen) bieten der Stadt Münster hervorragende stadtplanerische und stadtgestalterische Chancen, um Wohnmöglichkeiten und Lebensräume für alle Generationen zu schaffen. Hierbei sind auch Wünsche nach generationenübergreifenden Wohnformen zu berücksichtigen.

Da mit dem „Älterwerden“ häufig eine Zunahme der Mobilitätseinschränkungen einhergeht, ist bei der Schaffung von Wohnungen und den Einrichtungen der Daseinsvorsorge besonders die Barrierefreiheit zu beachten (DIN 18040). 

7. Voraussetzungen für Daseinsvorsorge schaffen
Das Einzelhandelskonzept ist so fortzuschreiben, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in den Stadtteilen - insbesondere der kleinen – durch angemessene und günstig gelegene Flächen gesichert ist. Für die über die örtliche Grundversorgung hinaus gehenden Versorgungsbedarfe sind Pläne für die Verbesserung möglichst günstiger ÖPNV-Verbindungen zu entwickeln.

8. Stadtteilbezogene Netzwerke stärken und aus- und aufbauen
Für verschiedene Stadtteile gibt es bereits die Arbeitskreise „Älter werden in...“ Akteure der Seniorenvertretung, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Vereine und interessierte Einzelpersonen  sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung vernetzten in jährlichen Treffen ihre Angebote und richten sie nach den festgestellten Bedarfen aus. Für jeden Stadtteil ist ein derartiges Netzwerk auszubauen.

9. Verbände der freien Wohlfahrtspflege einbeziehen
Traditionell nehmen die Wohlfahrtsverbände in Münster wichtige Aufgaben der Beratung und Sozialarbeit wahr. Sie stellen, teilweise mit kommunaler Unterstützung, Angebote, z.B. der Schuldnerberatung, der Suchtberatung, der Familienberatung und der Seniorenberatung bereit. Die Verbände sollten gemeinsam mit der Verwaltung prüfen, ob die Angebote zielgenauer auf die Bedarfe der älteren Generation ausgerichtet werden müssen. 

Begründung:
Münster ist eine Stadt mit hohem Verantwortungsbewusstsein

• für eine familienfreundliche und generationengerechte Stadtentwicklung
• für eine umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am städtischen Leben
• für eine Stärkung des Grundsatzes der Subsidiarität und Förderung bürgerschaftlicher Eigenverantwortung.

Die CDU weiß um die besondere Bedeutung unserer Stadtteile und wird auch in Zukunft für deren Lebendigkeit und Funktionsfähigkeit Sorge tragen.

Die CDU will Münster zu einer Stadt mit höchster Lebens- und Erlebnisqualität weiterentwickeln:

• mit hohem Wohnwert,
• Familienfreundlichkeit 
• und sozialer Balance in der Stadtgesellschaft

Mit dem Beschluss des Integriertem Stadtentwicklungs- und Stadtmarketing Konzeptes hat der Rat der Stadt Münster 2004 das Fundament und das Profil unserer Stadt beschrieben und Ziele für zukünftige Entwicklungen festgelegt.

Die Bewältigung sozialpolitischer Herausforderungen ist für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, für die Balance der Stadtgesellschaft und damit auch für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Stadt Münster entscheidend. Die CDU ist sicher, dass eine Förderung der Eigenverantwortung und das Prinzip der Subsidiarität und  eine praktizierte Solidarität hierbei von besonderer Bedeutung sind.

Der demographische Wandel erfordert von den Generationen ein besonderes Maß an Solidarität und Verständnis für sich wandelnde Politik-Schwerpunkte. Wird die Sozial- und Jugendpolitik heute zu Recht von den Themen Kinderbetreuung, hohe Erwerbsbeteiligung von Eltern und dem Ausbau von Bildungsangeboten geprägt, wird die kommende Generation einer sprunghaft angestiegenen Zahl älterer Menschen gegenüberstehen, die teilweise in prekären finanziellen Verhältnissen leben müssen. Hierauf müssen wir die Angebote bereits heute neu ausrichten.

Die mit der Vorlage V/0941/2011 vom 22.12.2011 von der Verwaltung vorgelegte Expertise „Altersarmut in Münster im Licht des demographischen Wandels“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Institut für Soziologie, zeigt die aktuelle Lebenssituation älterer einkommensschwacher Menschen in unserer Stadt und die erwartete zukünftige zahlenmäßige  Entwicklung dieser Gruppe und ihrer Problemlagen auf. Sie enthält deutliche Hinweise auf eine vorhandene und stärker werdende Störung der sozialen Balance in unserer Stadt und weist auf unterschiedliche Entwicklungen in den Stadtteilen hin.

Die CDU sieht für die kommenden Jahre umfangreiche Handlungsbedarfe, damit unsere Stadt auch für Seniorinnen und Senioren attraktiv bleibt und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Diesen Herausforderungen stellen wir uns gerne.